„Es besteht die Gefahr, dass die Erträge der Versicherer nicht mehr ausreichen“
Wie stabil sind die deutschen Banken, Versicherer, Immobilienmärkte und Schattenbanken aufgestellt? Dieser Frage hat sich die Deutsche Bundesbank im Finanzstabilitätsbericht 2015 angenommen. Die Lage der Institute stellt sich demnach sehr unterschiedlich dar. Vor allem für Versicherungen zeichnet die Bundesbank ein schwieriges Bild.
Die Bundesbank hat die Stabilität des deutschen Finanzsystems analysiert. „Niedrige Zinsen bergen Risiken für die Finanzstabilität, da sie die Erträge von Banken und Versicherern drücken“, haben Bundesbankvizepräsidentin Claudia Buch und Vorstandsmitglied Andreas Dombret bei der Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts 2015 gewarnt. Je länger die Niedrigzinsphase andauere, desto größer seien die Anreize erhöhte Risiken einzugehen. Auf die Banken wirkt sich das Niedrigzinsumfeld laut der Bundesbank bisher nur begrenzt aus. „Die Widerstandsfähigkeit der Institute hat in den vergangenen Jahren zugenommen“, kommentierte Dombret sogar.
Banken werden widerstandsfähiger
Die Banken haben dem Bericht zufolge ihr Eigenkapital erhöht und ihren Verschuldungsgrad gesenkt. Die durchschnittliche Kernkapitalquote ist demnach insgesamt von Juni 2014 bis Juni 2015 um 0,6 Prozentpunkte auf 15,6% gestiegen. Die deutschen Banken leiden laut dem Bundesbankbericht aber unter einer nachhaltigen Ertragsschwäche. „Mittel- bis langfristig könnten insbesondere die kleinen und mittelgroßen Institute unter Druck geraten“, sagte Dombret daher. Die deutschen Institute müssten ihre Kosten weiter senken und ihre Abhängigkeit vom Zinsgeschäft verringern.
Kritische Belastungen für Versicherer
Für Versicherungen ist die Bundesbank deutlich skeptischer. Claudia Buch warnt davor, dass die Erträge der Versicherer nicht mehr ausreichten könnten, um ihren Verpflichtungen nachzukommen. Das Lebensversicherungsreformgesetz vermindere zwar Mittelabflüsse und stärke die Eigenkapitalausstattung. Dies könne den Effekt der gesunkenen Zinsen aber nicht aufwiegen. Jedoch bliebe den Versicherern noch Zeit für Anpassungen, um ihre Risikotragfähigkeit weiter zu stärken, sagte Buch.
Schattenbankensektor gewinnt an Bedeutung
Der Schattenbankensektor hat Buch zufolge zwar an Bedeutung gewonnen, sei aber wenig kritisch zu sehen. „Wesentliche Kennzahlen deuten derzeit nicht auf gestiegene Risiken im Schattenbankensektor hin“, zieht Buch ein positives Fazit. Einzelne Investmentfonds könnten aufgrund ihrer Größe für die Stabilität des Finanzsystems aber relevant werden. Der Sektor müsse daher im Blick behalten werden. Ein ähnliches Fazit zieht die Bundesbank für die Immobilienmärkte. Vom Wohnimmobilienmarkt ausgehende Risiken für die Finanzstabilität schätzt Buch als gering ein. Trotz dynamischer Preisentwicklungen in einigen Regionen gebe es keine Hinweise auf exzessive Immobilienpreisentwicklungen in Deutschland. Und auch das Wachstum der Immobilienkredite sei im längerfristigen Bereich weiter moderat. Allerdings solle der Markt weiter intensiv beobachtet werden.
Euro-Bonds durch die Hintertür
Das erste Jahr der gemeinsamen europäischen Bankenaufsicht wertete Andreas Dombret als einen Erfolg. Zugleich kritisierte er die jüngsten Pläne der EU-Kommission für eine gemeinsame europäische Einlagensicherung. Dombret zufolge fehlen hierfür die notwendigen Voraussetzungen, da die nationalen Finanz- und Wirtschaftspolitiken das Bankensystem nach wie vor in vielen Bereichen maßgeblich prägen. So gebe es zum Beispiel unterschiedliche Insolvenzregelungen. „Vor diesem Hintergrund würde eine gemeinsame Einlagensicherung dazu führen, dass die Folgen falscher nationaler Politikentscheidungen auf alle Sparer im Euro-Raum abgewälzt würden“, sagte Dombret. Letztlich würden so durch die Hintertür Euro-Bonds eingeführt und die Risiken aus nationaler, staatlicher Verschuldung vergemeinschaftet. (mh)